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Veranstaltung „Tafel-öffne-dich“

Kategorien: Neues

© Tafel-Akademie gGmbH

Trennung von Beobachtung und Bewertung als hilfreiche Herangehensweise innerhalb der interkulturellen Tafel-Arbeit

Mitte März haben sich in Bonn 14 Tafel-Engagierte aus sieben verschiedenen Tafeln zusammengefunden um gemeinsam an der Veranstaltung „Tafel-öffne-dich“ der Tafel-Akademie teilzunehmen. Gegenstand des 48 Stunden-Seminars war eine konstruktive Auseinandersetzung mit den interkulturellen Veränderungen in der Tafel-Arbeit. Denn Verständnis für Menschen aus verschiedenen Kulturen zu haben, mit ihnen zusammenzuleben und gemeinsam zu arbeiten, macht für Tafel-Helfende einen wichtigen Bestandteil ihrer täglichen Arbeit aus. Im Fokus der Fortbildung standen eine theoretische Wissenserweiterung, praktische Reflexionsübungen und der Austausch von Erfahrungen aus den verschiedenen Tafeln. Unter Anleitung des Referenten, einem interkulturellen Trainer, wurden interkulturelle Stolpersteine und Herausforderungen besprochen und konkrete Lösungsideen erarbeitet.

Damit interkulturelle Kommunikation und Zusammenarbeit im Tafel-Alltag gelingen, geht es zunächst um Sensibilisierung und Verständnisförderung. Als eine Herangehensweise, die Referent Shérif Korodowou als fundamental wichtig erläutert, dient die bewusste Trennung von Beobachtung und Bewertung. Denn wenn wir etwas sehen, das wir nicht verstehen, bewerten wir es schnell negativ. Dabei kann das Verhalten einer Person einen ganz anderen Hintergrund haben als wir annehmen und somit im Widerspruch zu unserer Interpretation stehen. Hier ein Beispiel:

Ein Kunde vermeidet bei der Ausgabe den Blickkontakt. Das ist unhöflich und ignorant! Oder ist es das nicht? Zunächst ist ausschließlich festzustellen, dass der Kunde keinen Augenkontakt eingeht, so die Beobachtung. Was sein Motiv betrifft, sind es bloße Vermutungen, die wir anstellen. Durch die bewusste Trennung von Beobachtung und Bewertung wird deutlich, dass es mehrfache Interpretationsmöglichkeiten gibt. Ja, vielleicht liegt der Vermeidung von Blickkontakt durch den Kunden Geringschätzung zugrunde. Vielleicht ist sein Verhalten aber auch ein Zeichen von Dankbarkeit und Respekt oder aber dem Empfinden von Schamgefühlen. Ebenso könnte es die Folge von Unwissenheit über örtliche Gepflogenheiten sein oder, oder, oder … Sich dessen bewusst zu machen, schützt vor einer vorschnellen Verurteilung von Verhaltensweisen und erleichtert es, eine wertschätzende Haltung gegenüber allen Menschen einzunehmen, auch wenn ihr Benehmen zur Irritation führt.

Um trotz Unwissenheit nicht über allzu viele interkulturelle „Stolpersteine“ zu fallen, bedarf es Reflexion und ggf. Überwindung von eigenen Bildern im Kopf. Denn diese bewirken eine Verschmelzung von Beobachtung und Bewertung. Gelingt es uns, diesen automatischen Vorgang zu durchbrechen, so vermeiden wir vorschnelle Fehlinterpretationen und öffnen uns gegenüber ungewohnten Verhaltensweisen. Hierfür bedarf es in erster Linie steter Übung und Selbstreflexion.

Neugierig geworden? Die Seminarinhalte der mehrtägigen überregionalen Veranstaltung „Tafel-öffne-dich“ sind das Ergebnis des Projektes „Bildung schafft Integration“ an dem drei Pilottafeln beteiligt waren. Voraussichtlich findet ab Herbst 2018 eine Aufnahme der Fortbildung in das reguläre Seminarprogramm statt.

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